Der Darm – Sitz der Gesundheit

Der Darm – Sitz der Gesundheit
Bedeutsam ist es jedoch auch, die Darmflora auf etwaige Störungen hin zu analysieren. Oft kommen Patienten in meine Ordination, die schon lange Zeit Ersatz von Vitaminen und Spurenelementen erhalten, ohne dass sich an den Messergebnissen und noch entscheidender an der Befindlichkeit/Erkrankung etwas bewegt. In solchen Fällen wird mittels Stuhlanalyse das so genannte Mikrobiom, das zunehmend in den Fokus der Forschung rückt, hinsichtlich Zusammensetzung untersucht. Unter Mikrobiom versteht man die Gesamtheit der im Darm angesiedelten Keime, die in Summe rund 2-3 kg unseres Körpergewichtes ausmachen und mit einer Anzahl von 100 Billionen Zellen rund 10 x höher liegt als die Anzahl aller Zellen unseres Körpers! Die Mikroorganismen sind uns wohl gesonnen und unterstützen nicht nur unsere Verdauung, sondern regulieren mit ihren Stoffwechselprodukten auch die Funktion der Darmschleimhaut mit den darin enthaltenen Enzymen und stehen mit dem Zentralnervensystem über vielschichtige Wege in Verbindung (Hormone, Nervenbahnen des autonomen = vegetativen Nervensystems, Zytokine) und regulieren dabei nicht nur Gefühle wie Hunger, Sättigung, Übelkeit,…, sondern auch sehr stark unsere Befindlichkeit durch direkte Wirkung auf das limbische System, den Sitz unserer Emotionen. Es heißt nicht umsonst, dass man auf seinen Bauch hören soll! Eine sehr wichtige Rolle hat unser Mikrobiom in Zusammenhang mit dem in und um den Darm sehr dicht (rund 80% aller Immunzellen sind hier lokalisiert) ausgeprägten Immunsystem: Wir stehen Tag für Tag über den Verdauungstrakt mit unserer Umgebung in Verbindung und nehmen Millionen von Molekülen zu uns, die hinsichtlich Schädlichkeit und Gefahr für den Gesamtorganismus von unseren Immunzellen geprüft werden müssen.
Die Zusammensetzung unserer Darmflora im Detail ist so individuell wie ein Fingerabdruck, es gibt jedoch die Erkenntnis (in der Naturheilkunde bereits seit langer Zeit, in der Schulmedizin mit wissenschaftlichem Beleg wie erwähnt in letzter Zeit zunehmend!), dass bei bestimmten Erkrankungen die Zusammensetzung verändert ist. So genannte Leitkeime können mittlerweile in Form von Probiotika gezielt verabreicht werden, wobei das Sanieren einer angeschlagenen Darmflora oft ein recht aufwendiges Verfahren ist. Sinnvoll ist es in jedem Fall, die primären Störfaktoren soweit es möglich ist zu identifizieren und zu eliminieren, daneben ist auch die Gabe von Präbiotika essentiell. Auch diätetische Umstellungen werden von mir immer wieder ausgesprochen und angeregt. Für meine Patienten bringe ich oft folgenden Vergleich: das beste Saatgut wird nicht keimen und guten Ertrag erbringen, wenn der Boden nicht passt. Im Prinzip kann man unser Mikrobiom mit einem komplexen Ökosystem vergleichen: je größer die Vielfalt ist, desto stabiler zeigt sich das Verhalten gegenüber Störeinflüssen.
Ich werde oft gefragt, warum die Zusammensetzung der Darmflora im Laufe des Lebens kippen kann und es zum Beispiel zu einer übermäßigen Zunahme von Fäulniskeimen kommen kann. Die Erklärung hierfür ist nicht immer einfach bzw. im einzelnen Fall zu beantworten, da es eine Vielzahl von Störfaktoren geben kann. Es kann speziell nach wiederholter Antibiotikatherapie zu solchen Phänomenen kommen, auch die Ernährungsgewohnheiten (Anteil tierischer Eiweiße, gesättigter Fettsäuren, Alkohol, Aromastoffe, Konservierungsmittel und Farbstoffzusätze) spielen eine große Rolle.
Tatsache ist jedoch, dass eine Störung der Darmflora eine entscheidende Rolle in der Entstehung und dem Weiterbestehen bei einer Vielzahl von Erkrankungen spielt! Ich möchte Ihnen hier nur einen kurzen Überblick verschaffen, die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
- Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulzerosa, Morbus Crohn und Zöliakie
- Autoimmunerkrankungen wie Rheuma
- Allergisches Asthma bronchiale und Neurodermitis
- Infektanfälligkeit
- Hautausschläge
- Leberwerterhöhung ohne erkennbare Ursache
- Allergien und Unverträglichkeiten (Fruktose, Sorbit, Laktose,…)
- Reizdarm
- Depressio, chronische Erschöpfungszustände, Burnout
- Arteriosklerose
- Diabetes mellitus (speziell Typ 1)
- Tumore (nicht nur des Verdauungstraktes)
Umso wichtiger ist es mir als ganzheitlich tätiger Facharzt für Innere Medizin, das Thema Darmgesundheit mit meinen Patienten regelmäßig hervorzuheben. Es erscheint beim ersten Anblick etwas verwirrend, warum Erkrankungen teils fernab vom Darm ihre Wurzeln eben dort haben sollen. Betrachtet man jedoch die oben genannten Funktionen mit den komplexen Verschaltungen speziell mit unserem Immunsystem, erstrahlen viele Erkrankungsmodelle in anderem Licht und werden plausibler. Weiters ist die Besserung von Beschwerden unter bzw. nach einer Darmsanierung für mich und meine Patienten mehr als nur der oft von Kritikern geäußerte Placeboeffekt, die oft mögliche Erhebung von Labor-Parametern zur Verlaufskontrolle sind neben der subjektiven Einschätzung der Patienten ein eindrucksvoller Beweis.